2. Juli 2018
Wir haben unser Bestes versucht: So ungefähr liest sich der Tätigkeitsbericht 2017/2018 des Eidg. Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten.

„Die Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz und die Wirtschaft verdienen einen zeitgemässen Datenschutz.“ Fast schon trotzig wirkt dieser Satz in der Medienmitteilung des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) vom 25. Juni 2018. Der Bericht macht nämlich durchaus deutlich, dass die Arbeit für den EDÖB schwierig geworden ist. Weder die Mittel noch die Rechtsbefugnisse halten mit den rasch steigenden Anforderungen und den vielfältigen Aufgabenbereichen mit:

 

Datenflüsse und Datenlecks

Ob wir im Internet surfen oder uns physisch durch die Welt bewegen: Wir Menschen hinterlassen heute immer und überall Datenspuren. Und diese Daten stossen auf Interesse: Der Arbeitgeber möchte wissen, ob wir unseren Pflichten nachkommen, der Politiker, ob wir seine Meinung teilen, der ÖV-Betreiber, wo und wann wir in seine Fahrzeuge steigen. Der Strombetreiber zeichnet auf, wie viel wir Strom benötigen und wie viel Strom unser Hausdach liefert. Smart-TVs registrieren unsere Fernsehgewohnheiten, Smartphones unseren Standort und unsere Telefonie- und Surfgewohnheiten und Smart Meters den Durchsatz unserer Stromleitungen.

 

Daten erheben ist nicht schwer. Doch nicht immer bleibt die Kontrolle über die Daten bei denjenigen, die sie verwenden wollten. Swisscom zum Beispiel hat 2017 die Kontrolle über die Adressdaten, Telefonnummern und Geburtsdaten von 800‘000 Nutzern unabsichtlich verloren. Medizinische Leistungserbringer übergeben Patienten- und Leistungsdaten bewusst an Dienstleister wie Ärztekasse oder Swisscom Health. Auch das Öffnen und Einscannen von Briefen wird vermehrt an Dritte delegiert.

 

All diese und viele weitere Datenflüsse und Datenlecks hat der EDÖB im Tätigkeitsjahr 2017/2018 beobachtet. Er hat die Datensammler auf die Grenzen ihrer Sammelrechte hingewiesen. Er hat ihnen aufgezeigt, dass sie die Betroffenen über ihre Sammeltätigkeiten und über das Outsourcing dieser Tätigkeiten informieren müssen.

 

Knappe Ressourcen

Durch die Digitalisierung und die damit verbundenen Entwicklungen hat die Bedeutung des Datenschutzes stark zugenommen. Die EU hat darauf reagiert und auf den 25. Mai 2018 die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft gesetzt. Sie erweitert die Rechte der Betroffenen. Zugleich verleiht sie den Datenschützern selber erhebliche zusätzliche Verfügungs- und Sanktionsbefugnisse.

 

Zusammen mit den zusätzlichen Kompetenzen haben die EU-Staaten, wie der EDÖB in seinem Bericht festhält, ihre Datenschutzbehörden mit beträchtlichen zusätzlichen Ressourcen ausgestattet. Auch in der Schweiz wären diese Ausbauschritte dringend nötig. Und eigentlich war eine rasche Anpassung an die europäische Gesetzgebung auch vorgesehen. Umso erstaunlicher sei es nun, „dass die Behandlung der vom Bundesrat am 15. September 2017 vorgelegten Totalrevision des Datenschutzgesetzes … in der staatspolitischen Kommission des erstberatenden Nationalrats eine zeitliche Verzögerung erfahren hat“.

 

David gegen Goliath

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hat beschlossen, sich zunächst auf ein Gesetz im Bereich der Strafverfolgungsbehörden zu beschränken. Nachdem die Kommission dieses Schengener Datenschutz dem Nationalrat in der Sommersession vorlegt, hofft der EDÖB nun, dass die Beratungen zum Datenschutzgesetz rasch eingeleitet werden können. Bis zum Abschluss dieser Beratungen muss er mit den Empfehlungsbefugnissen weiterarbeiten, die ihm das Gesetz im Jahr 1993, also in den Kindheitsjahren des Internets, zugesprochen hatte. Die Mittel, die dem EDÖB zur Verfügung stehen, sind seit 2005 gleich geblieben. 2005 stand die Welt „zwei Jahre vor der Vermarktung des ersten Smartphones“, erinnert der EDÖB.

 

Mit einem Personalbestand von zwischen 20 und 24 Mitarbeitenden gleicht der EDÖB in einer Welt der Big Data dem David im Kampf gegen Goliath. Der bestehende Personalbestand werde den heutigen Herausforderungen im Datenschutz nicht gerecht, schreibt er. Der Bundesrat hat ihm im Entwurf des totalrevidierten Gesetzes rund 10 zusätzliche Stellen in Aussicht gestellt. „Aufgrund der Verzögerung … ist zurzeit nicht absehbar, ob und wann diese Stellen rekrutiert werden können“, hält er fest.

Doch wie es sich für David gehört, lässt sich der EDÖB nicht unterkriegen. Er werde „weiterhin alles daran setzen, betroffene Schweizer Unternehmen bei der Anwendung der DSGVO mit Rat und Tat zu begleiten“. Zudem will er im bevorstehenden Wahlkampf zusammen mit den kantonalen Datenschutzbeauftragten die Bevölkerung über digitale Personendatenbearbeitungsmethoden informieren, mit der die politische Meinungsbildung beeinflusst werden könnte.

 

 

Mehr Informationen:

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter: 25. Tätigkeitsbericht 2017/2018: Selbstbestimmung vor Sicherheit, Medienmitteilung vom 25. Juni 2018

EDÖB: Tätigkeitsbericht 2017/2018 und ergänzende Unterlagen

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