3. Dezember 2018
Die Schweiz erreicht in der eGovernment-Benchmark-Studie der EU zusammen mit osteuropäischen Ländern einen Wert von unter 50 Prozent. Hauptgrund sind die fehlenden „Key Enablers“, ganz besonders die fehlende Nutzung bereits vorhandener Daten („Authentic Sources“).

Die EU misst jährlich die Fortschritte von 34 Ländern im eGovernment. Neben EU-Ländern werden acht weitere Nationen einbezogen, darunter die Schweiz. Für die Schweiz ergibt sich 2018 erneut ein trauriges Bild.

 

Was wird gemessen?

Grundlage für die Studie bilden die Aufzeichnungen so genannter „Mystery-Shoppers“. Diese werden damit beauftragt, Dienstleistungen im Zusammenhang mit bestimmten Lebensereignissen zu beziehen. Dabei werden insgesamt sechs Lebensereignisse von Privatpersonen und zwei von Unternehmen betrachtet. Jährlich steht abwechselnd die eine oder andere Hälfte der Ereignisse im Fokus. In der Ausgabe 2018 waren es die Ereignisse „regelmässige Unternehmensprozesse“, „Starten eines einfachen Gerichtsprozesses“, „Umzug“ und „Besitz und Fahren eines Autos“.

Die Mistery Shoppers beschreiben ihre Erfahrungen auf strukturierten Evaluations-Checklisten. Die Ergebnisse werden jeweils den Dimensionen „Benutzerorientierung“, „Transparenz“, „grenzüberschreitende Mobilität“ und „Key Enablers“ („Basisdienste“) zugeordnet. Die untersuchten Länder selber werden bei der Auswahl der zu besuchenden Websites und bei der Kontrolle der Ergebnisse beigezogen.

 

Wie schneidet die Schweiz ab?

In der ersten Dimension, der Benutzerorientierung, kann die Schweiz einigermassen mit den europäischen Ländern mithalten. Sie befindet sich hier nicht wie einige südosteuropäische Länder in der schlechtesten, sondern zusammen mit nordosteuropäischen Ländern in der zweitschlechtesten Gruppe. Bezüglich Transparenz erreicht die Schweiz 39 Prozent (EU-Durchschnitt: 59 Prozent). Vor allem über den Ablauf der Dienstleistungen und die Einsicht der persönlichen Daten erfahren die Benutzer/-innen in der Schweiz offenbar nicht viel. Die „grenzüberschreitende Mobilität“ ist in der Schweiz für Unternehmen besser als der EU-Durchschnitt, für Einwohner jedoch schlechter.

Der „Digital Economy and Society Index“ (DESI) ist ein zusätzlicher Indikator der europäischen Kommission, der teilweise auf Ergebnissen der „eGovernment Benchmarking Studie“ basiert. Er untersucht die Möglichkeit, Dienstleistungen der Verwaltung vollständig online abzuwickeln. Zudem wird die Online-Verfügbarkeit von Basisdienstleistungen für Unternehmen untersucht. Drittens wird gefragt, wieweit Formulare mit Daten, die der Verwaltung bereits bekannt sind, vorausgefüllt werden. Bei diesem letzten Punkt, der unter der Bezeichnung „Authentic Sources“ erfasst wird und auch als „Key Enabler“ gilt, landet die Schweiz mit grossem Abstand auf dem allerletzten Platz. Die Online-Verfügbarkeit ist in der Schweiz zwar unterdurchschnittlich, aber nicht verheerend schlecht. In Sachen Unternehmensdienstleistungen liegt die Schweiz sogar leicht über dem europäischen Durchschnitt.

 

Fehlende Basisdienste

Generell halten die Autor(inn)en fest, dass fehlende „Key Enablers“ die Hauptursache dafür sind, wenn ein Land sehr schlechte Benchmark-Werte erzielt. Ohne diese „Key Enablers“ ist es nämlich nicht möglich, gewisse Dienste vollständig online anzubieten. In der Schweiz trägt insbesondere auch die fehlende eID zum unbefriedigenden Ergebnis bei. Der Key Enabler „eDocuments“ zum Beispiel bezeichnet die elektronische Übermittlung von amtlichen Dokumenten. Wenn die Identität des Gegenübers nicht eindeutig nachgewiesen ist, ist die elektronische Dokument-Übermittlung bei gewissen Diensten kaum vertretbar

Die Geschäftsstelle E-Government Schweiz schreibt in einer Medienmitteilung, die Schweiz habe ihr Angebot in den meisten untersuchten Bereichen etwas verbessert. Am deutlichsten sei dies bei der grenzüberschreitenden Mobilität für Unternehmen. Bei den Basisdiensten bestehe jedoch ein grosser „Aufholbedarf“. Sie nennt insbesondere die fehlende eID. In der Plattform „sedex“ sieht sie ein Beispiel eines bereits vorhandenen Basisdienstes.

 

Fehlende Sicherheit

Zum ersten Mal untersucht die Studie auch die Internetsicherheit bei den eGovernment-Dienstleistungen. Hier besteht laut den Autor(inn)en insgesamt ein grosser Optimierungsbedarf.

Ebenfalls neu werden pro Land die Ergebnisse in der eGovernment-Benchmark-Studie der Verbreitung von Internetzugängen in der Bevölkerung gegenübergestellt. So soll festgestellt werden, ob ein ungenutztes Potenzial vorliegt. Wer trotz einer tiefen Verbreitung von Internetzugängen gute Ergebnisse erzielt, kann bei verbesserter Infrastruktur mit „automatischen“ Verbesserungen rechnen.

 

Weitere Informationen: 

EU: eGovernment Benchmark 2018, Studienübersicht und Download ergänzender Informationen und Datenquellen

 

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