Zugang zu elektronischen Behördenleistungen: Studie zeigt Bedürfnisse
Einfacher Zugang als Vision
„Aus einem Nebeneinander von tausenden Behördenportalen soll ein eng vernetzter Informationsverbund werden. Dieser ist auf einfache Nutzung und Wirtschaftlichkeit optimiert“, so beschreibt die Bundeskanzlei als leistungsverantwortliche Organisation ihre Vision. Um zu erfahren, wie die Bevölkerung die Behördendienstleistungen heute wahrnehmen und welche Verbesserungen sie sich wünschen, gab sie unter anderem mehrere Studien in Auftrag.
Fokusgruppenuntersuchung zur User Experience
Eine der Studien untersuchte die Wünsche, Erwartungen und Erfahrungen potenzieller Nutzerinnen und Nutzer. Diese Studie führte das Unternehmen „nothing interactive“ durch. Im Rahmen von drei Fokusgruppensitzungen mit insgesamt 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der deutschen und französischen Schweiz versuchte sie herauszufinden, wie sich der Zugang der Bevölkerung zu Behördendienstleistungen verbessern liesse.
Es zeigte sich, dass Einwohnerinnen und Einwohner vor allem bei konkreten Fragen und Anliegen nach Behördeninformationen suchen. Sie wünschen sich möglichst spezifische Informationen und Antworten. Sie würden gern den Ablauf und die einzelnen Schritte der behördlichen Prozesse möglichst genau kennen. Auch eine Checkliste fänden sie hilfreich. Auf den Behörden-Websites hätten sie gern eine stärkere Führung sowie eine bessere Struktur der Informationen. Sie möchten nicht durch zu viele Informationen auf einmal überschwemmt werden.
Google, Gemeinde oder Kanton als Startpunkt
Die Leiter/-innen der Fokusgruppenbefragung wollten auch herausfinden, ob Einwohnerinnen und Einwohner eine zentralisierte Lösung für den Zugang zu Behördenleistungen begrüssen würden. Einige bejahten dies. Andere starten ihre Informationssuche am liebsten bei Google. Heute wenden sich die Befragten häufig an die Gemeinde oder den Kanton, wenn sie ein Anliegen an Behörden haben. Das Bundesportal wurde nicht als Ausgangspunkt genannt. Hingegen war admin.ch einigen Teilnehmenden bekannt.
Online-Präferenz
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten gemäss den Studienautor(inn)en insgesamt eine „starke Präferenz für Online-Kanäle“. Sie fühlen sich mit Computern und Smartphones sehr vertraut und suchen am liebsten auf diesem Kanal nach Informationen. Darüber hinaus würden sie aber sehr gern auch die Prozesse selber elektronisch erledigen. Sie würden es zudem begrüssen, wenn die online eingereichten Informationen direkt an die verschiedenen betroffenen Ämter weitergeleitet würden.
Frustrierende Telefonate
Bei komplexen Problemen ist aus Sicht der Einwohner/-innen jedoch oft zusätzlich ein persönlicher Kontakt erforderlich. Dafür würde das Telefon bevorzugt. Oft seien jedoch die gewünschten Gesprächspartner/-innen nicht erreichbar. Lange Warteschleifen und kurze Sprechzeiten machten Behörden-Telefonate oft zu einem frustrierenden Erlebnis, heisst es in der Studie.
Live-Chat erwünscht
Viele Befragte haben gute Erfahrungen mit den Live-Chats von Firmen gemacht. Sie würden es begrüssen, auch mit Behörden auf diesem Weg kommunizieren zu können. Als Vorteile dieses Kommunikationskanals sehen sie die Schnelligkeit und die ortsunabhängige Verfügbarkeit. Zudem schätzen sie es, dass die Auskünfte schriftlich erteilt werden und man sich deshalb eher darauf verlassen könne als auf Aussagen am Telefon.
Ein Video-Chat wurde gegenüber dem Live-Chat kaum bevorzugt. Einige Befragte kommunizieren gern per E-Mail. Vor allem Personen, die neuen Technologien eher skeptisch gegenüberstehen, begrüssen auch den persönlichen Kontakt am Schalter.
Persona-Vorschläge und Handlungsempfehlungen
Basierend auf den Ergebnissen der Fokusgruppenbefragung haben die Studien-Autor(inn)en drei Personas („Beispiel-Personen“) vorgeschlagen, die „besonders vom Online-Zugang zu Behördenleistungen profitieren können“. Eine davon ist eine junge Schwedin, die nach Zürich zu ziehen plant, um dort zu promovieren. Sie spricht noch nicht sehr gut Deutsch. Der Zweite ist ein selbstständig Erwerbender, der auf dem Land lebt und durch Online-Dienstleistungen Zeit spart. Die dritte Person ist blind und profitiert von digital verfügbaren Dienstleistungen, sofern diese barrierefrei zugänglich sind.
Für die drei Personas haben die Autor(inn)en User-Story-Maps (USM) erstellt, welche ideale Abläufe der Behördenprozesse beschreiben. Daraus wurden Handlungsempfehlungen zur Gestaltung des Portals ch.ch abgeleitet. Unter anderem werden Schritt-für-Schritt-Anleitungen zum Ablauf der Behördenprozesse empfohlen. Diese Anleitungen sollten personalisierbar sein. Weiter meinen die Autor(inn)en: „Die Erstellung von User-Accounts zur weiteren Nutzung der eingegebenen Daten würden für viele Bürger/-innen einen Vorteil bringen.“ In einem solchen Benutzerkonto sollten die Benutzer/-innen auch ihre personalisierte Anleitung speichern können.
Weitere Informationen:
Nothing Interactive: Ergebnisbericht „Partizipative Qualitätsentwicklung ch.ch, Ergebnisbericht zur Fokusgruppenuntersuchung vom 7. Juli 2017, Stand vom 30. Oktober 2017
Bundeskanzlei: Strategie „Zugang zu elektronischen Behördenleistungen“, Stand vom 27. September 2017
E-Government Schweiz: Zugang zu elektronischen Behördenleistungen für die Bevölkerung, Informationsseite zur Strategischen Leistung SL 1