5. Dezember 2017
Das eGovernment-Angebot in Europa hat sich verbessert. Vor allem die Benutzerorientierung ist insgesamt gut. Die Schweiz schneidet in diesem Bereich unterdurchschnittlich ab.
Die EU-Kommission publizierte am 27. November ihren eGovernment-Benchmark-Bericht 2017:

Mystery Shoppers und ihre Shopping-Erlebnisse


Einmal mehr wurden die eGovernment-Angebote der EU-Mitgliedstaaten und von Island, Norwegen, Montenegro, Serbien und die Türkei nach den folgenden Kriterien untersucht:

  • Benutzerorientierung
  • Transparenz
  • Grenzüberschreitende Mobilität
  • Basisinstrumente (Schlüssel-Komponenten)

Die vier Kriterien bestehen je aus einer Vielzahl von Indikatoren. Getestet wurden die eGovernment-Angebote durch so genannte „Mystery Shopper“ („verdeckte Testpersonen“), welche die Online-Verfügbarkeit und Qualität von klar definierten Behördendienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen anhand der vorgegebenen Indikatoren prüfen sollten. Untersucht wurden waren die Unternehmens-Prozesse Unternehmensgründung, Arbeitslosigkeit/Stellensuche, Studium und Familienleben. Die Untersuchungsszenarien wurden dabei im Detail vorgegeben.

Verbesserung im Gang


Insgesamt haben sich die eGovernment-Angebote laut der Studie seit der letzten Untersuchung verbessert. Besonders positiv wird die Benutzerorientierung beurteilt. Europaweit liegt hier der Erfüllungsgrad im Durchschnitt aller Angebote bei 80 Prozent. Die Mobile-Optimierung hat sich verbessert und liegt nun bei 50 Prozent. Am höchsten ist dieser Wert bei den Dienstleistungen zum Familienleben. Das ist bemerkenswert, weil diese Dienstleistung in anderen Bereichen am schlechtesten abschnitt.

Die Behörden selber sind transparenter als ihre Dienstleistungsprozesse. Zudem erfahren die Dienstleistungskunden (Einwohner/Unternehmen) oft nicht, wer ihre Daten eingesehen und bearbeitet hat und zu welchem Zweck.

Unvollkommene Schlüssel-Komponenten


Beim Dienstleistungs-Angebot für Personen aus anderen Ländern wurde erstmals auch untersucht, ob ein elektronischer Identitätsausweis möglich sei. Da die neue eIDAS-Verordnung erst im Herbst 2018 in Kraft tritt, erstaunt es wenig, dass grenzüberschreitend oft keine elektronische Identifikation möglich war.

Auch ein weiteres Kriterium wirft Fragen auf: So wird unter dem Titel „Authentische Datenquellen“ untersucht, ob bereits früher gemeldete Daten bei Folgediensten vorausgefüllt werden. Dieses so genannte „Once-only-Prinzip“ wurde kürzlich vom EU-Datenschützer hinterfragt: Er fragt sich, auf welcher Basis die einmal angegebenen Daten wiederholt verarbeitet und gegebenenfalls auch mit anderen öffentlichen Verwaltungen ausgetauscht werden dürften. Zudem erinnert er an die Datenschutz-Grundsätze der Zweckbestimmung und der Datensparsamkeit. Grundsätzlich dürfen Daten ja nur mit dem Einverständnis des Betroffenen und nur zu einem bestimmten Zweck verwendet werden.

Schweiz im hinteren Mittelfeld


Die Schweiz lag in der Gesamtperformance (Durchschnitt aller Kriterien und Dienste) im Bereich zwischen 50 und 75 Prozent. Bei der Benutzerorientierung erzielte sie mit unter 80 Prozent weniger Punkte als die anderen west- und mitteleuropäischen Länder.


Weitere Informationen:
European Commission: eGovernment Benchmark 2017, Insight Report
Capgemini: E-Government-Benchmark 2017 der Europäischen Kommission fordert intelligentere und offenere E-Government-Dienste, um positiven Trend zu verstärken, Medienmitteilung vom 27. November 2017 und Download des Hintergrundberichts und der Infografiken
E-Government Schweiz: Schweizer E-Government auf Kurs, Medienmitteilung vom 27. November 2017
Stefan Krempl: "Once-only"-Prinzip: EU-Datenschützer drängt auf Nachbesserungen bei E-Government-Initiative, heise online, News vom 4. August 2017