21. März 2016
Wie beurteilen deutsche, österreichische und schweizerische Verwaltungen die Ziele und Wirkungen des eGovernments? Eine Studie zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Die Schweizer Verwaltungen zum Beispiel sehen die grössten Akzeptanzprobleme in eGovernment-Projekten besonders häufig bei den politischen Gremien.
Die Materna GmbH und die Hochschule Harz haben zusammen mit der Berner Fachhochschule und der Fachhochschule Kärnten die Kantons-/Länder-, Kreis- und Stadt-Verwaltungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz gefragt, wo sie den Nutzen und die Wirkungen des eGovernments sehen. Neben Gemeinsamkeiten zeigten sich auch interessante Unterschiede:

Intern orientiert


Drei von vier Verwaltungen in der Schweiz gaben an, dass sie eine E-Government-Strategie haben. Das sind deutlich mehr als in den Nachbarländern Deutschland (58%) und Österreich (56%). 53 Prozent der schweizerischen Verwaltungen sehen sich in Bezug auf das eGovernment denn auch als fortschrittlich (frühe Innovationsfolger). In Bezug auf die Verwaltungsmodernisierung dagegen ordnen sich die Verwaltungen in der Schweiz deutlich schlechter ein als in Deutschland und Österreich: 53 Prozent bezeichnen sich hier als abwartend (Deutschland: 35%, Österreich: 50%), 13 Prozent gar als ambitionslos (Deutschland: 10%, Österreich: 0%).

Als Treiber für das eGovernment sehen die Verwaltungen aller drei Länder vor allem sich selber. Mit einigem Abstand folgen die politischen Gremien. Die eigentlichen Zielgruppen – Bürger/-innen und Unternehmen – werden dagegen kaum als Triebfedern für Innovationen gesehen. Die Autoren sehen dies als ein Zeichen für die insgesamt starke interne Orientierung der Verwaltungen.

Dienstleistungsorientiert


In Bezug auf die Ziele des eGovernments zeigen sich die Schweizer Verwaltungen zusammen mit den österreichischen deutlich dienstleistungsorientierter als die deutschen: Drei von vier Schweizer Verwaltungen möchten mit dem E-Government unter anderem ihre Dienstleistungsqualität verbessern. Auch die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger seien für die österreichischen und schweizerischen Verwaltungen „um ein Vielfaches“ wichtiger als für die Deutschen, so die Autoren.

Die Schweizer Verwaltungen möchten durch das eGovernment zudem die Zusammenarbeit mit anderen Behörden verbessern. Damit unterscheiden sie sich insbesondere von den Deutschen Verwaltungen, welche interne Ziele wie die eigene Zeitersparnis im Vordergrund sehen.

Liberal und konkordant


Eine weitere Auffälligkeit der Schweiz orten die Studienleiter im Bereich der gesetzlichen Regelung: Einerseits gaben alle Schweizer Verwaltungen an, dass in ihrem Kanton kein eigenes eGovernment-Gesetz bestehe. Ein Drittel der Verwaltungen sehen aber die fehlenden Rechtsgrundlagen als einen Hindernis für die Umsetzung von eGovernment-Angeboten. „Offenbar besteht ein Bedürfnis nach gesetzlicher Regelung, obgleich der liberale Geist der Schweiz … Gesetzgebungen zu verwehren scheint“, folgern die Autoren.

Auch die schweizerische Neigung zur „Konkordanz-Demokratie“ hat sich laut den Autoren in der Studie niedergeschlagen: Bei der Planung von eGovernment-Projekten beziehen die Schweizer Verwaltungen deutlich häufiger die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen ein als die Deutschen und Österreicher. Eine Folge davon ist eine bessere Akzeptanz der eGovernment-Projekte innerhalb der Verwaltung in der Schweiz.

Politischer Widerstand


In Deutschland und Österreich nennen die Verwaltungen häufig interne Akzeptanzprobleme bei den Mitarbeitenden der Fachabteilungen und der Führungskräfte als Hindernisse für eGovernment-Projekte. In der Schweiz kommt der Widerstand dagegen deutlich häufiger von den politischen Gremien: 40 Prozent der Schweizer Verwaltungen sehen bei den politischen Gremien die grössten Akzeptanzprobleme. Dagegen ist dies nur bei 17 Prozent der deutschen und 19 Prozent der österreichischen Verwaltungen der Fall.

Messung schwierig


Ein weiteres Schwerpunktthema der Studie ist die Frage nach den Evaluationsmöglichkeiten für eGovernment-Projekte. Hier zeigt sich, dass sich die Verwaltungen einfache Modelle der Wirkungsevaluation wünschen, dass diese aber der Komplexität des Verwaltungshandelns zu wenig gerecht werden. „Offenbar ist es in der Praxis sehr schwierig, die Effekte von komplexen Veränderungen in den Organisationen oder Arbeitsweisen der öffentlichen Verwaltung einigermassen verlässlich vorherzusagen.“ Es sei also eine interessante und komplexe, aber auch dringliche Herausforderung, den Beitrag des eGovernments zur Entwicklung einer zukunftsfähigen und modernen Verwaltung verlässlich zu bestimmen.

Insbesondere die Schweizer Verwaltungen äusserten in der Befragung das Bedürfnis, bei der Evaluation von eGovernment-Projekten die Sicht der Kunden stärker einzubeziehen. Die Autoren erachten dies als sinnvoll: „Je weniger der Kunde einen Nutzen sieht, desto geringer fallen Nutzungszahlen und damit Erfolge im E-Government aus“, halten sie fest.


Weitere Informationen:
Materna GmbH und Hochschule Harz: Wirkungen von E-Government – eine Studie in den Ländern Deutschland, Schweiz und Österreich, März 2016
Hochschule Harz und Materna GmbH: Website zur Studie „Wirkungen von E-Government"

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