24. Dezember 2018
Der Bundesrat schlägt vor, das eVoting als ordentlichen Wahl- und Abstimmungskanal im Gesetz zu verankern. Die Vernehmlassung ist eröffnet. Doch ganz sicher ist sich der Bundesrat nicht: Je nach Vernehmlassungsergebnis könnte er „jederzeit auf seinen Entscheid zurückkommen“, steht im Bericht.

Die Schweizer Bevölkerung möchte elektronisch abstimmen. Die Kantone sollen es ihnen ermöglichen dürfen. Dies will der Bundesrat mit der Teilrevision des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR) erreichen. Am 19. Dezember 2018 legte er den Gesetzesentwurf zur Vernehmlassung vor.

 

Langjährige Erfahrungen

Seit rund 15 Jahren haben insgesamt 15 Kantone Erfahrungen mit dem eVoting, also der elektronischen Stimmabgabe, gesammelt. Dabei stützten sie sich auf die Verordnung der Bundeskanzlei über die elektronische Stimmabgabe, die den elektronischen Abstimmungskanal für einen beschränkten Prozentsatz der Bevölkerung erlaubt. Oft wurden nur Auslandschweizer für die elektronische Stimmabgabe zugelassen. Für diese Stimmberechtigten ist das eVoting oft die einzige zuverlässige Möglichkeit, um sich an Abstimmungen und Wahlen zu beteiligen. Einige Kantone haben aber auch bereits Menschen mit Behinderungen und weitere ausgewählte Inlandschweizer zur elektronischen Stimmabgabe eingeladen.

 

Etablierte Anforderungskriterien

Die Erfahrungen haben gezeigt, dass ein Interesse an der elektronischen Stimmabgabe besteht. Zugleich haben sich international klar definierte Anforderungen an die elektronische Stimmabgabe etabliert. Somit sieht der Bundesrat die Voraussetzungen für die Überführung in den ordentlichen Betrieb als erfüllt. Dabei sollen jedoch nur Systeme zugelassen werden, welche die individuelle und die kollektive Verifizierbarkeit sicherstellen, den Quellcode offenlegen und vom Bund zertifiziert wurden.

Individuelle Verifizierbarkeit bedeutet, dass Stimmberechtigte überprüfen können, ob ihre Stimme unverfälscht aufgezeichnet wurde. Kollektive Verifizierbarkeit verlangt, dass die Verwaltung stichprobenartig kontrollieren kann, ob die Stimmabgaben korrekt umgesetzt wurden. Die kollektive Verifizierbarkeit und damit die vollständige Verifizierbarkeit wird nur durch eines der eVotingsysteme demnächst erfüllt. Nur eines der Systeme wird denn auch für die reguläre Einführung des eVotings überhaupt zur Verfügung stehen. Dabei handelt es sich um das System der Post, das ab 2019 die kollektive Verifizierbarkeit erlauben soll. 

 

Mengenbeschränkung aufheben

Die bisherige Beschränkung auf einen maximalen Anteil an Stimmberechtigten sollte die Risiken des eVotings reduzieren. Immerhin steht nämlich das Vertrauen der Bevölkerung in das Wahl- und Abstimmungssystem auf dem Spiel. Mit der Überführung in den ordentlichen Betrieb werden die Kantone, welche das eVoting einführen, zu einem „angemessenen Risikomanagement“ verpflichtet. Über die tatsächliche Einführung des eVotings sollen die einzelnen Kantone entscheiden. Der Einsatz der elektronischen Stimmabgabe bei eidgenössischen Urnengängen soll auch künftig eine Bewilligung des Bundesrates erfordern. Dank der detaillierten Systemprüfung durch eine externe Zertifizierungsstelle und der Risikokontrollen der Kantone soll sich die Mengenbeschränkung nun erübrigen. Wie genau die Kantone die Risiken überprüfen, wird ihnen freigestellt.

Falls das Abstimmungsergebnis sehr knapp ausfällt und in einem Kanton beim eVoting „Unregelmässigkeiten glaubhaft gemacht werden“, so ist gemäss der Gesetzesvorlage eine Nachzählung durchzuführen. „Auch E-Voting erlaubt eine glaubwürdige Nachzählung, indem die Auszählung der entschlüsselten Stimmen mit unabhängigen, unterschiedlich ausgestalteten technischen Hilfsmitteln theoretisch beliebig oft wiederholt werden kann“, steht im Bericht. „Darüber hinaus“ könne „sogar die korrekte Durchführung der Schritte vor der Auszählung wiederholt mit unterschiedlichen technischen Hilfsmitteln nachvollzogen werden“. Bei den konventionellen Verfahren sei dies so noch nicht möglich: Der Prozess könne hier noch nicht von jenem Zeitpunkt an wiederholt werden, wo Stimmrechtsausweis und Stimmzettel getrennt werden.

 

Ausgang offen

Eigentlich hatte der Bund 2016 einen vierten Bericht zum eVoting angekündigt. Dieser erübrige sich aber aufgrund der nun veröffentlichten Vernehmlassungsvorlage. „Vote électronique“ ist im Aktionsplan zur „Strategie Digitale Schweiz“ und im Schwerpunktplan von E-Government Schweiz enthalten.

„Die Einführung und die Ausdehnung der elektronischen Stimmabgabe ist sowohl für den Bund als auch für die Kantone und die Anbieter der Systeme eine Herausforderung“, steht im Bericht. Zugleich wird betont, dass mit einer Vernehmlassungsvorlage ja noch kein definitiver Entscheid verbunden sei. Die Vernehmlassungsvorlage „bietet die Gelegenheit für eine politische Debatte auf eidgenössischer Ebene zum Thema E-Voting“. So könne „faktenbasiert und auf der Grundlage einer umfassenden Auslegeordnung die Haltung für respektive gegen E-Voting erhoben und ausgewertet werden“. Falls sich in der Vernehmlassung überwiegend negative Rückmeldungen ergeben, „könnte der Bundesrat jederzeit auf seinen Entscheid zurückkommen“, steht im Bericht.

 

Weitere Informationen:

Bundesrat: E-Voting als dritter ordentlicher Stimmkanal: Eröffnung der Vernehmlassung, Medienmitteilung vom 19. Dezember 2018

Bundeskanzlei: Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb), Erläuternder Bericht zur Vernehmlassung

Bundesgesetz über die politischen Rechte (Überführung der elektronischen Stimmabgabe in den ordentlichen Betrieb), Vorentwurf vom 19. Dezember 2018

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