25. September 2018
Im Zuge der Digitalisierung hat der Umfang der Datenbearbeitungen weltweit massiv zugenommen. Was bedeutet dies für die Schweiz? Wie soll die Schweiz damit umgehen? Eine Expertengruppe ging den Entwicklungen auf den Grund und erarbeitete Empfehlungen.

Der Bundesrat hat am 10. September 2018 den Bericht der Expertengruppe „Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit“ zur Kenntnis genommen. Der Bericht reflektiert eine Entwicklung, die uns alle betrifft, als Individuen und als Gesellschaft.

 

Vorgeschichte

Die Menge der weltweit erzeugten und verarbeiteten Daten steigt exponentiell. Kein Land kann die Folgen dieser Entwicklung allein bewältigen oder durch Regulierungen abfedern, denn die Entwicklungen machen nicht an Landesgrenzen Halt. Dennoch sollte sich die Schweiz als wirtschaftlich hochentwickeltes Land ein eigenes Bild von den Entwicklungen machen. Dies fand Ständerat Paul Rechsteiner im Jahr 2013. In einer Motion forderte er, dass eine Expertengruppe eingesetzt werden sollte. In einem Bericht sollte sie die Situation ausleuchten, als Grundlage für weitere Entscheidungen und Schlussfolgerungen.

Die Motion Rechsteiner wurde 2013/2014 von beiden Räten angenommen. Das Eidg. Finanzdepartement wurde mit der Umsetzung beauftragt. Es setzte eine auf drei Jahre befristete zwölfköpfige Expertengruppe ein, mit Vertretenden aus der Wissenschaft, der Verwaltung und der Wirtschaft. Die Leitung übernahm alt Nationalrätin Brigitta M. Gadient. Im August 2018 legte die Expertengruppe einen Bericht mit 51 Empfehlungen vor.

 

Neue Fragen

Keine Frage: Die digitale Transformation bringt viele Chancen. Aber sie bringt auch neue Abhängigkeiten und Risiken und wirft neue Fragen auf. Zu den besonders brisanten Fragen gehören zum Beispiel:

Was sind Daten aus rechtlicher Sicht? Sind sie Informationsträger? Sind sie Wertgüter? Wem gehören sie? Wer darf sie wann erfassen, nutzen, verwerten, sein Eigentum nennen, als geistiges Eigentum definieren?

 

Neuer Schutzbedarf

Die weltweiten Datenbearbeitungen wirken sich erheblich auf den Schutz der Privatsphäre und auf die informationelle Selbstbestimmung aus. Dabei gehe es, so die Arbeitsgruppe, um grundlegende Menschenrechte wie den Persönlichkeitsschutz, die Wahrung der eigenen Handlungsfähigkeit und auch „das Recht, in Ruhe gelassen zu werden“. Anbieter, Nutzer, Konsumenten und der Staat müssten die bisherigen Zusammenarbeits- und Vertrauensverhältnisse neu aushandeln, halten die Expertinnen und Experten fest.

Einige Entwicklungen, die durch die Digitalisierung verursacht wurden, waren disruptiv. Als Beispiel nennt der Bericht die Verlagerung der Werbung ins Internet. Es sei mit weiteren disruptiven Phänomen zu rechnen. Dies fordere bisherige Ordnungsstrukturen wie Konsumentenschutz, Arbeitsrecht, Steuerrecht oder Wettbewerbsrecht heraus.

 

Ethik

Die Entwicklungen wirken sich nicht nur auf die Souveränität der einzelnen aus, sondern auch „auf die Souveränität der gesamten Gesellschaft, ihre Kohäsion und ihre demokratischen Strukturen“. Menschliche Kontroll-, Eingriffs- und Entscheidungsmöglichkeiten drohen verdrängt zu werden, übersteuert durch künstliche Intelligenzen und selbstlernende Algorithmen.

Die Folgen gingen über rein sicherheitstechnische, rechtliche und regulatorische Fragen hinaus. Historisch gewachsene Wertestrukturen und Rechtsprinzipien der Gesellschaft würden in Frage gestellt, so die Autor(inn)en. Weil die Menschen und die Gesellschaft derart grundlegend betroffen sind, sehen die Expertinnen und Experten eine wichtige Rolle der Ethik im Umgang mit den neuen Fragen. 

 

51 Empfehlungen

Die Expertengruppe fokussierte in ihrer Analyse auf sechs Felder: Informatikonssicherheit, Verhältnis von Firmen zu Kunden (Business to Consumer, B2C), Verhältnis zwischen Unternehmen (Business to Business, B2B), Verhältnis des Staates zu den Bürgern und Unternehmen (Government to Citizen/Business G2Ci/B), Aufklärung, Kompetenzaufbau und Mitgestaltung der Benutzer sowie digitale Transformation und Ethik. Dazu kam das Analysefeld Blockchain. In diesen Analysefeldern leitete die Gruppe insgesamt 51 Empfehlungen her.

Trotz der eindrücklichen, umfangreichen und raschen Entwicklungen sei kein „regulatorischer Aktionismus des Staates“ erforderlich, findet die Expertengruppe. In vielen Fällen seien nämlich die Gesetze und Verhaltensnormen aus der analogen Welt durchaus auch für die digitalen Herausforderungen hilfreich.

 

Handlungsbedarf

„Soll der Marktzugang für IKT-Komponenten eingeschränkt und von Standards und Zertifizierungen abhängig gemacht werden?“, haben sich die Expertinnen und Experten zum Beispiel gefragt. Für die Datenschutzbehörden verlangen sie mehr Befugnisse und mehr Mittel. Im Bereich B2B sei es wichtig, den Wettbewerb weiter auftrechtzuerhalten. Im Bereich G2Ci/B fordern die Expert(inn)en einerseits ausreichende Ressourcen und Rechtsgrundlagen. Andererseits sollen aber auch die Offliner vor gesellschaftlicher Ausgrenzung geschützt werden. Der Kompetenzaufbau in der Digitalisierung soll auf allen Ausbildungsstufen stattfinden. Das E-Voting wollen die Expert(inn)en nur ausdehnen, wenn die Wahl- und Abstimmungsergebnisse überprüfbar bleiben.

Der Bundesrat hat das Eidg. Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UWEK) damit beauftragt, die Empfehlungen der Expertengruppe „Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit“ zusammen mit den betroffenen Departementen zu analysieren und Folgearbeiten vorzuschlagen.

 

Mehr Informationen:

Bundesrat und Finanzdepartement: Bundesrat nimmt Schlussbericht der Expertengruppe „Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit“ zur Kenntnis, Medienmitteilung vom 10. September 2018

Bericht der Expertengruppe zur Zukunft der Datenbearbeitung und Datensicherheit, 17. August 2018

Social Media

Twitter 
 
Auf Social Media teilen