30. Dezember 2015
Weltweit haben immer mehr Menschen Zugang zum Internet. Doch die Unterschiede zwischen Industrie- und Entwicklungsländern, zwischen Stadt und Land, zwischen Frauen und Männern und zwischen Menschen ohne und mit Behinderungen bleiben gross. Die internationale Fernmeldeunion und weitere UNO-Gremien möchten dies ändern. Die Schweiz unterstützt dieses Ziel.
Die Internationale Fernmeldeunion hat ihren Bericht 2015 zum weltweiten Entwicklungsstand der Informationsgesellschaft vorgelegt. Er bildet die Grundlage für die Strategieplanung der internationalen Fernmeldeunion und weiterer UNO-Gremien bei der weltweiten Überbrückung digitaler Gräben.

Internet-Kompetenz als Schlüsselkompetenz


Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) spielt eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der Gesellschaft und der Individuen. Wer keinen Zugang zur IKT hat oder nicht die Fähigkeiten hat, sie zu nutzen, ist in den persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten stark eingeschränkt. Massnahmen, die den IKT-Zugang, die IKT-Nutzung und die IKT-Fähigkeiten fördern, tragen deshalb entscheidend zur Entwicklung einer Gesellschaft und ihrer Individuen bei:

Diese Erkenntnis bildete die Grundlage für die Erarbeitung von acht „Millennium Development Goals“ (MDGs) anlässlich des UNO-Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) in den Jahren 2003 und 2005 und für die Erneuerung und Verfeinerung dieser Ziele in den Jahren 2014 und 2015. Kernanliegen der neu erarbeiteten „Connect 2020 Goals“ und der Agenda 2030 sind die Förderung des Internetzugangs und der Internetnutzung, die Überbrückung des digitalen Grabens und die Sicherstellung einer nachhaltigen IKT-Entwicklung.

Selbstverpflichtung und Messung im Rahmen der Fernmeldeunion


Die internationale Fernmeldeunion (ITU) hat die im Rahmen der WSIS etablierten Ziele in ihre Strategie aufgenommen, und ihre Mitglieder haben sich diesen Zielen verpflichtet. Damit verbunden ist unter anderem das Versprechen, alle Menschen zu günstigem Preis mit Breitband-Anschlüssen zu versorgen. Zugleich hat die ITU die Aufgabe übernommen, den Entwicklungsstand der einzelnen Länder, Ländergruppen und Weltgegenden im Hinblick auf das Erreichen dieser Ziele zu messen und in Form eines jährlichen „Measuring the Information Society Report“ darüber zu berichten.

Jährlich misst die ITU also zusammen mit ihren Mitgliedern den Fortschritt der einzelnen Länder und zeigt Verbesserungsmöglichkeiten. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei dem digitalen Graben, der zwischen den Ländern, aber auch innerhalb der Länder besteht. Einen besorgniserregenden Graben innerhalb der Länder gibt es insbesondere zwischen Stadt und Land und zwischen Frauen und Männern. In den entwickelten Ländern nutzten 2014 rund 5.4 Prozent weniger Frauen als Männer das Internet, in den entwickelten Ländern waren es sogar 15.4 Prozent weniger. Auch die Menschen mit Behinderungen erhalten oft nicht die nötige Unterstützung, um das Potenzial zu nutzen, das die Informations- und Kommunikationstechnologie für sie darstellen könnte.

Mobiles Internet als Treiber


Insgesamt zeigt der aktuelle Bericht der ITU, dass auch im letzten Jahr die Zahl der Menschen mit Internetzugang weltweit zugenommen und nun durchschnittlich 43.4 Prozent erreicht hat. Treiber waren die weitere Verbreitung des Smartphones und der mobilen Breitbandnetze. Während in vielen Industrieländern die Anzahl der mobilen Breitbandanschlüsse pro 100 Personen die 100-Prozent-Grenze zum Teil weit überschritten hat (z.B. Saudi-Arabien: 179.6%), hat sie auch in vielen ärmeren Ländern bald 100 Prozent erreicht (z.B. Mexiko: 82.5%). Im Durchschnitt haben 39.1 Prozent der Menschen in Entwicklungsländern Zugang zu mobilem Breitband-Internet. In den entwickelten Ländern sind es durchschnittlich 86.7 Prozent.

Weniger positiv hat sich das Festnetz-Internet entwickelt. Das Ziel, hier die Versorgung zu verbessern, wurde weltweit verfehlt. Nur gerade 7.1 Prozent der Personen hatten 2014 in den Entwicklungsländern, immerhin 29 Prozent in den entwickelten Ländern Zugang zum Festnetz-Breitband-Internet. Ein wichtiger Grund dafür sind die zu hohen Preise für die Breitband-Internet-Hausanschlüsse:

Zwar wurde das Ziel, dass Breitbandanschlüsse weniger als 5 Prozent des Durchschnittseinkommens kosten sollten, in allen entwickelten Ländern, bei denen Daten vorhanden waren, erreicht. Auch viele Entwicklungsländer mit verfügbaren Daten erreichten dieses Kostenziel. Allerdings liegen für viele Länder keine Zahlen vor. Dort, wo sie vorliegen, waren die Kosten der Festnetz-Breitbandinternet-Anschlüsse durchschnittlich 1,7 mal so hoch wie diejenigen der mobilen Breitbandinternet-Anschlüsse. Zudem sind bei mobilen Breitbandanschlüssen oft kostengünstige Klein-Pakete erhältlich. Dies erklärt die sehr viel grössere Verbreitung der mobilen Breitbandanschlüsse auch in Entwicklungsländern.

Dass sich das mobile Breitband-Internet verbreitet, ist sicher zu begrüssen. Der Internetzugang via Smartphone ist jedoch kein vollständig gleichwertiger Ersatz für den Hausanschluss: Anders als das mobile Netz verbinden Internet-Hausanschlüsse nicht nur Individuen, sondern ganze Familien mit dem Internet. Zudem erlauben Festnetz-Anschlüsse eine Internetnutzung ohne Volumenbeschränkung.

Schweiz: Guter Rang mit kleiner Verzerrung


Damit ein weltweiter Vergleich möglich wird, verwendet der „Measuring the Information Society Report“ einen mehrteiligen Index, den sog. ICT Development Index (IDI), der auf Daten beruht, die möglichst in jedem Land verfügbar sind. Gemessen werden dabei der IKT-Zugang (Infrastruktur und Anschlüsse), die tatsächliche IKT-Nutzung und die IKT-Fähigkeiten. Die Schweiz schliesst in den ersten beiden Bereichen jeweils sehr gut ab und hat sich auch 2015 weiter verbessert: Beim Zugang liegt sie weltweit auf Platz 6, bei der Nutzung auf Platz 9.

Bei den IKT-Fähigkeiten hingegen erreicht die Schweiz auch dieses Jahr nur den eher mässigen 48. Platz. Die Erklärung dafür ist offensichtlich, dass als Indikatoren neben dem Alphabetisierungsgrad und dem Anteil der Menschen mit Ausbildung im sekundären Bildungssektor der Anteil der Menschen mit Ausbildung im tertiären Bildungssektor berücksichtigt wird. Dieser Anteil liegt in der Schweiz mit knapp 56 Prozent weit hinter vielen anderen Ländern zurück. Dies ist jedoch eine Folge davon, dass in der Schweiz mit der Berufslehre ein qualitativ hoch stehendes Berufsbildungsangebot auf Sekundärstufe 2 besteht, wie es in anderen Ländern nicht vorliegt und dürfte kaum zu schlechteren IKT-Fähigkeiten führen. Die schlechte Platzierung der Schweiz bei den IKT-Fähigkeiten ist also wohl nicht ganz gerechtfertigt.

Gemeinsame Ziele


Trotz der kleinen Verzerrung bei den IKT-Fähigkeiten liegt die Schweiz im Gesamtranking auf dem hervorragenden 7. Platz. Die kleine Verzerrung ist also sicher verschmerzbar. Sehr viel wichtiger ist, dass sich die internationale Fernmeldeunion sich weiterhin für eine Messung und Verbesserung des weltweiten Internetzugangs und zur Überwindung digitaler Gräben einsetzt. Das Bundesamt für Kommunikation BAKOM betonte denn auch in einer Medienmitteilung vom 16. Dezember 2015, dass sich die Schweiz für die weitere Umsetzung der WSIS-Ziele und für die Verbesserung der Chancengleichheit in der Informationsgesellschaft einsetze.


Weitere Informationen:
International Telecommunication Union ITU: Measuring the Information Society Report 2015
Bundesamt für Kommunikation: Schweizer Beitrag für eine fairere Informationsgesellschaft, Medienmitteilung vom 16. Dezember 2015